Sollen SUVs mehr fürs Parken zahlen – ein paar Überlegungen dazu …

Hintergrund: Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris, hat in einer vielbeachteten Abstimmung die EinwohnerInnen von Paris gefragt, ob der Kurzparktarif für SUVs von 6 auf 18 Euro pro Stunde angehoben werden soll.
 
Ergebnis: 54,55 % haben dafür gestimmt, bei einer sehr geringen Wahlbeteiligung von 5,7 %. Obwohl das Ergebnis nicht bindend ist, hat Hidalgo angekündigt, die Regelung ab September umsetzen zu wollen.
 
Gleich eine Präzisierung, weil das in einigen (österreichischen) Medien falsch kommuniziert wurde: die Regelung in Paris soll nicht nur für BesucherInnen (in SUVs) gelten, sondern für alle SUVs, die außerhalb ihrer Parkpickerlbereiche abgestellt werden. Und ein Parkpickerl bekommt man für maximal 4 (wohnsitznahe) von 160 Zonen im ganzen Stadtgebiet von Paris (das ca. so groß wie die Donaustadt ist).
 
Das ist, neben dem bereits hohen Ausgangstarif von 6 Euro/h (Wien: 2,5 Euro), ein wesentlicher Unterschied zu Wien: die durchschnittliche Parkpickerlzone in Wien ist 4x so groß wie jene in Paris – und bei Umlegung der Pariser Parkpickerlzonengröße auf Wien müsste es in Wien 158 Zonen geben (aktuell sinds 23). Genau diese Anregung (deutliche kleinere Zonen zur Reduktion des Binnenverkehrs) findet sich übrigens in allen bisherigen Parkpickerlevaluierungen der Stadt Wien, wurde bislang aber nicht berücksichtigt.
 
🚙 Thema Übertragbarkeit der Pariser Regelung auf Österreich:
Analog zur Rechtslage in Deutschland wäre eine derart progressive Steigerung der Parkkosten für SUVs vermutllich auch in Österreich nicht angemessen.
 
🚙 Thema „Definition von SUVs“:
Mangels einer einheitlichen Definition eines SUV bezieht sich die Pariser Regelung auf das Fahrzeuggewicht: betroffen sind Verbrenner- und Hybridfahrzeuge über 1,6 Tonnen und Elektrofahrzeuge über 2 Tonnen. Das mag praktikabel sein, lässt aber andere Parameter außer acht:
  • Länge: die zunehmende Fahrzeugelänge bereitet vorwiegend autoverkehrsintern Probleme, weil einfach weniger Fahrzeuge in einer Parkspur Platz finden. Bei Schrägparkplätzen sind aber auch negative Auswirkungen auf den Fuß- und Radverkehr möglich (Überstehen).
  • Breite: ist insofern besonders relevant, als sie mehrfach im Straßenraum auftritt – 2x Parkstreifen + Fahrstreifen. So brauchen 20 cm breitere Fahrzeuge schnell mal 60 cm mehr Platz von der Fahrbahn. Das spielt vor allem für den Radverkehr (z.B. Mehrzweckstreifen, Radfahren gegen die Einbahn) und den öffentlichen Verkehr (Falschparker) eine Rolle.
  • Höhe: höhere Fahrzeuge haben aufgrund ihrer schlechteren Aerodynamik höhere Emissionen, beeinträchtigen die Sichtbeziehungen aus dem Auto und im öffentlichen Raum, und korrelieren mit einer größeren Verletzungsschwere.
  • Gewicht: schwerere Fahrzeuge verursachen schwerere Unfälle, verursachen höhere Erhaltungskosten der Straßeninfrastruktur (Abnutzung), und weisen höhere Emissionen (durch höheren Verbrauch, aber auch durch stärkeren Bremsabrieb – Mikroplastik!) auf.
👉 Es wird sinnvoll sein, mehrere Aspekte in die Preisgestaltung einzubeziehen.
 
🚙 Thema Relevanz:
Fast jeder 2. Neuwagen in Österreich ist ein SUV. Am niedrigsten war dieser Anteil 2023 in Ottakring mit immer noch 31,2 %, am höchsten in Liezen mit 62,7 %. Der Anteil von SUVs am Bestand steigt also kontinuierlich.
 
❗️ Fazit:
  • Das Vorpreschen in Paris ist ein wichtiges und richtiges Zeichen auch an die Fahrzeughersteller, dass immer größere Autos in Innenstädten keinen Platz mehr haben.
  • Die Maßnahme (höhere Parkkosten für höheren Flächenverbrauch / höhere Emissionen / schlechtere Verkehrssicherheit) ist, wenn sie zielgerichtet umgesetzt wird, sozial treffsicher.
  • Die Abstimmung in Paris stößt (hoffentlich) einen Diskussionsprozess über die Dimensionierung von Privatfahrzeugen an: ist es wirklich sinnvoll, ein Privatauto auf seltene Einsatzzwecke (Urlaubsfahrt 1x im Jahr, Waschmaschinentransport) zu dimensionieren, oder deckt Carsharing solche Sondernutzungen besser ab?
 
❓ Offene Fragen:
  • Gibt es ein politisches Bewusstsein für die Gefahren und Probleme, die von überlangen, überbreiten, überhohen und überschweren Fahrzeugen ausgehen? (in Innsbruck und Graz anscheinend)
  • Was hindert Städte eigentlich daran, schmale Parkplätze zu markieren (bzw. nicht zu verbreitern) und deren korrekte Einhaltung zu exekutieren?

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