Neuer Beitrag in der Instituts-Schriftenreihe zu Automatisiertem Fahren

In unserer Instituts-Schriftenreihe ist kürzlich die Diplomarbeit von Vera Baltzarek, BSc erschienen – mit dem Titel „Automatisiertes Fahren in der Stadt – Abschätzung möglicher Auswirkungen der Einführung von automatisierten Fahrzeugen auf die Stadt und die Stadtplanung“. Ab jetzt also am Institut käuflich zu erwerben.

Hier die Zusammenfassung als kleiner Teaser:

Über automatisierte Fahrzeuge (AF) wird aktuell in den Medien und vor allem der Forschung intensiv und kontroversiell diskutiert. Das liegt einerseits am Bezug zur räumlichen Mobilität, einem menschlichen Grundrecht. Dazu wird die Entwicklung der AF als etwas völlig Neues, eine Disruption empfunden. Außerdem gibt es mächtige Entwicklungstreiber. Dazu gehören globale demografische, soziale, ökonomische, technologische und ökologische Trends, in die das Thema AF eingebettet ist und dominante Interessenslagen etwa der Fahrzeugproduzenten und der IT- Unternehmen oder der öffentlichen Hand und ihrer Institutionen, bzw. der Zivilgesellschaft. Schließlich erwarten viele von AF die Lösung aller – gerade in den Städten kumulierenden – Verkehrsprobleme, ja eine Mobilitätswende.

Ziel der Metastudie ist es, einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung über die Vor- und Nachteile von AF der SAE-Automatisierungsgrade 3 bis 5 als Verkehrsmittel in der Stadt, zur „automation awareness“ zu leisten und zu klären, ob, wie und wann AF im städtischen Personenverkehr eingesetzt werden könnten.

Daher wird zuerst definiert, was unter automatisierten Fahrzeugen zu verstehen ist und wie diese technisch funktionieren. Nach einer Analyse der Gründe für den aktuellen Hype rund um AF wird der Stand der Forschung besprochen. Der Fokus liegt dabei auf den möglichen Auswirkungen von AF auf die Verkehrssicherheit in der Stadt, das Verkehrssystem als Ganzes, auf die Raumnutzung und das gesellschaftliche Gefüge. Von AF werden bekanntlich viele Vorteile erhofft: Sie sollen den städtischen Verkehr sicherer, effizienter, für die Passagiere komfortabler machen und allen Menschen Zugang zu leistbarer Mobilität verschaffen. Experten befürchten aber anderseits auch nachteilige Folgen wie z.B. räumliche und soziale Segregation, ein erhöhtes Verkehrsaufkommen mit all seinen negativen Externalitäten. Da unter den Experten große Skepsis und Ungewissheit über die wahrscheinlichen Folgen von AF herrscht, wird für eine Intensivierung der Forschung und Entwicklung rund um AF plädiert. Künftige Forschungs- und Testschwerpunkte diskutiert.

Weil bisher ausreichende empirische Daten über die Effekte von AF fehlen, sind die Erkenntnisse von Feldtestungen von automatisierten Kleinbussen für die „erste/letzte Meile“ zur Anbindung an den öffentlichen Verkehr in Städten besonders relevant. Der Vergleich dreier solcher Pilotversuche zeigt, dass die Technik der AF zwar noch unausgereift ist, dass diese Form des automatisierten „öffentlichen Individualverkehrs“ jedoch ein realistisches, vielversprechendes Einführungsszenario für AF in der Stadt sein kann.

Abschließend werden aus den analysierten österreichischen und internationalen Studien und den Testergebnissen Folgerungen für die städtische Raumplanung im Umgang mit AF abgeleitet. Dabei zeigt sich, dass „klassische“ raumplanerische Instrumente wie die Förderung des Umweltverbunds, der Dekarbonisierung des Verkehrs, einer verdichteten, funktionsgemischten Stadt der kurzen Wege weiter im Vordergrund stehen sollten. Zur Sicherung der städtischen Lebensqualität könnten aber auch AF ihren Beitrag leisten, vorausgesetzt, sie werden von mehreren Personen gleichzeitig geteilt, sind alternativ angetrieben und dienen als Zulieferer/Abholer zum/vom öffentlichen Verkehr, der das Rückgrat des städtischen Verkehrs werden/bleiben sollte.

Damit diese gesellschaftlich erwünschte, allen Verkehrsteilnehmen nützliche Entwicklung eintritt, muss die städtische Raumplanung allerdings stärker als bisher proaktiv steuernd und koordinierend eingreifen.

Vera Baltzarek (2019) Automatisiertes Fahren in der Stadt – Abschätzung möglicher Auswirkungen der Einführung von automatisierten Fahrzeugen auf die Stadt und die Stadtplanung. Diplomarbeit am Forschungsbereich für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik, TU Wien.

Unfall mit selbstfahrendem Auto

Jetzt ist schon wieder was passiert … wobei, so etwas ist bisher eigentlich noch nicht passiert: kürzlich hat erstmalig ein selbstfahrendes Auto eine Fußgängerin getötet.

Dass dieser Zeitpunkt früher oder später einmal kommen würde, war klar. Die Umstände des Unfalls sind jedoch besorgniserregend. Aber der Reihe nach:

– Eine Frau wurde beim Versuch, ihr Rad schiebend an einer unbeleuchteten Stelle die Straße zu überqueren, von einem selbstfahrenden UBER-Auto ungebremst (!) erfasst und starb wenig später an den Folgen des Unfalls im Krankenhaus.

– Die Polizei gibt an, dass die Frau außerhalb eines Schutzwegs die Straße querte (was an der Unfallstelle illegal ist), dass sie (laut Angaben des menschlichen Mit-„Fahrers“) plötzlich („like a flash“) aus dem Schatten auftauchte und dass UBER wahrscheinlich keine Schuld am Unfall habe.

– Nach Veröffentlichung des Videos durch die Polizei stellt sich heraus, dass 1) das selbstfahrende Auto das vorherrschende Tempolimit missachtete, dass 2) der Mit-„Fahrer“, der eigentlich überwachen sollte, ob das Fahrzeug ordnungsgemäß unterwegs ist und im Notfall eingreifen muss, mit dem Handy spielte, und dass 3) die Frau nicht plötzlich auftauchte, sondern schon die halbe 3-spurige Straße überquert hatte.

Offene Fragen:
– Wieso kann ein autonomes Auto die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreiten?
– Wieso kann ein autonomes Auto schneller fahren, als es den Anhalteweg – zumindest auf (Geräte-)Sicht (LIDAR) – einsehen kann? Oder waren die Geräte defekt?
– Wie soll der menschliche Mit-„Fahrer“ in brenzlichen Situationen eingreifen können, wenn das Auto nicht auf Sicht fährt?
– Wieso sind die Abstände zwischen den Schutzwegen offensichtlich so groß, dass Menschen dazwischen queren? Und wieso ist das überhaupt illegal – Stichwort „jaywalking„?
– Und schließlich: kann so ein Unfall auch in Österreich passieren, wo auch automatisierte Fahrzeuge getestet werden?

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