Wir erobern die Stadt zurück – Stück für Stück

Von 14. bis 16. Oktober fanden die 17. Salzburger Verkehrstage von Forum Mobil statt. Teil der Veranstaltung war ein Ideenwettbewerb für Studierende. Aufgabenstellung war die Entwicklung einer Projektidee zum Thema: Neue Lösungen für Personenverkehr bzw. Güter-Logistik unter Nutzung bestehender Infrastrukturen.

Unsere Mitarbeiter und PhD-Studenten Barbara Laa und Fabian Sandholzer haben gemeinsam mit der Kollegin Seyedeh Ashrafi vom Forschungsbereich Verkehrssystemplanung ein Team gebildet, welches als eines von drei Studierendenteams mit einem Preis ausgezeichnet wurde. Teil der Bewertung war ein möglichst unkonventionelles Präsentationsformat. Ihre Idee mittels einer Informationskampagne Stadtbewohner zur Rückeroberung des öffentlichen Raums zu inspirieren und animieren haben sie als „Poetry Slam“ vorgetragen. Der Titel: Wir erobern die Stadt zurück – Stück für Stück

Dass die Wirtschaftskammer Wien bereits 3 Tage nach dem Vortrag mit diesem Slogan hausieren geht, erfüllt uns doch etwas mit Stolz 😉

Hier der preisträchtige Text: Wir erobern die Stadt zurück – Stück für Stück

Die größten Probleme des Stadtverkehrs heute
sind Straßen für Autos und nicht für die Leute

Experten haben’s erkannt und üben Kritik,
doch es scheitert anscheinend an der Bezirkspolitik

Wir sagen: der Platz in der Stadt reicht für die Bedürfnisse aus,
nur das Auto muss aus den Köpfen der Menschen hinaus

Wir nutzen die vorhandene Infrastruktur
und beenden diese Fahrzeug-Monokultur

Der Platz ist da nur falsch verteilt
der Gehsteig zu schmal, die Fahrbahn zu breit

Was nehmen wir dafür derzeit in Kauf?
Unfälle, Verletzte und Tote zuhauf

Der MIV heizt auch noch das Klima auf
und die Folgen nehmen ihren Lauf

Expertise gegen Klimakrise lautet die Devise,
für die Straße also: weniger Asphalt, mehr Bäume und Wiese

Urbaner Raum soll schließlich lebenswert sein
und dafür setzen wir uns ein

Wir erobern die Stadt zurück – Stück für Stück

Die Straßen sind umkämpft seit eh und je
Schauplatz von Revolution und Bühne für Herrscher in spe

Recht erfolgreich war dabei das Automobil
dessen Bedürfnisse zu stillen galt in der Planung lange als höchstes Ziel

Nur langsam löst sich in den Köpfen diese Hegemonie
die größte Leidenschaft vieler ist immer noch der SUV

Der Platz ist da nur falsch gestaltet
ein Umstand, welcher sich nicht ändert, wenn man nur verwaltet

Doch reist man aufmerksam von Wien nach Feldkirch
kommt doch die Erkenntnis: es ist längst nicht alles nur „schirch“

„A Bänkle“ in Dornbirn und „an Baam“ in St. Pölten
und die Innenstädte verbessern sich um Wöltn

Und so zieht’s die Leute wieder raus auf die Straßen und Plätze
dafür sind sie doch da – spielende Kinder und lautes Geschwätze

Wir erobern die Stadt zurück – Stück für Stück

Parking, wurde es einst in den USA genannt,
wenn man Grünstreifen entlang der Straße pflanzt

An Bäume dort wurden Pferde gebunden,
das Auto hat’s dann nachempfunden

Die Städte kamen bald Blechwüsten gleich
und niemand dachte an ‚Aufenthaltsbereich‘

Der Platz ist da, nur falsch geteilt,
wenn überall ein Auto 23h lang weilt

Ein Parklet hier, ein Bankerl dort,
und die Straße wird wieder Aufenthaltsort

Dann noch Büsche, Wiese und Baum,
und wir hab’n qualitätsvollen Aufenthaltsraum

Wenn man dann doch mal ein Auto braucht,
sucht man den nächsten Car-Sharing Punkt auf

So nimmt man den Autos die Platz-Arroganz
und schafft zu den Öffis Äquidistanz

Wir erobern die Stadt zurück – Stück für Stück

Ein Blick in andere Städte erweitert den Horizont
was gut funktioniert soll überall an die Front

In Salzburg sind sie eng die Gassen
und werden im Zentrum dem Fußverkehr überlassen

Die Radler, sie träumen oft von Kopenhagen
die dortige Infrastruktur sorgt für deren Behagen

Breite Radwege und eine abgestimmte Ampelschaltung
scheitern in Dänemark nicht an der Verwaltung

Den Fußverkehr fördert in Barcelona der Superblock
wieder in Mode ist dort der Spazierstock

Ein heißes Eisen ist die Parkraumbewirtschaftung
dabei sorgt sie für bessere Auslastung

In Amsterdam parkt man im Zentrum für sieben Euro fünfzig
in Anbetracht des Platzverbrauchs ist das immer noch günstig

Wir erobern die Stadt zurück – Stück für Stück

Zehntausende Kilometer legt manch ein Produkt zurück
Ist das nicht verrückt?

Der Apfel aus Neuseeland wiegt im Einkaufskorb nicht schwer
der CO2-Abdruck den er hinterlässt dafür umso mehr

Die Wege sind lang, doch das muss nicht sein
wir kaufen Äpfel aus Liesing und trinken Grinzinger Wein

Der Platz ist da nur falsch genutzt
wo heut steht ein Auto, wächst morgen Kukuruz

Wir ändern in den Städten die Flächenfunktion
und stellen um auf lokale Produktion

Das spart nicht nur LKW-Fahrten
man trifft sich auch im Gemeinschaftsgarten

Da gartelt Opa Peppi mit Mohammad
so findet auch kultureller Austausch statt

Gemüsebeete statt Fahrbahnen aus Beton
so bleibt die essbare Stadt keine Zukunftsvision

Wir erobern die Stadt zurück – Stück für Stück

Unsere Projektidee also dann:
Wir starten eine Infokampagne

Damit gehen wir in den Bezirk
weil dort wird am meisten bewirkt

Wir werden die hier angeführten Themen plakatieren
um den Leuten die Thematik vor Augen zu führen

Der Platz ist da, nur den falschen gegeben
wir können’s aber ändern für ein besseres Leben

Wir schaffen Bewusstsein und Inspiration
das ist der Sinn der Aktion

Dafür stellen wir uns bei Unis vor die Tür
und geben den Studis eine Infobroschür‘

Dann machen wir noch Workshops in Schulen
– überall um Aufmerksamkeit buhlen

Auch bei Vereinen kommen wir auf Besuch
und bald sagt jeder unseren Spruch:

Wir erobern die Stadt zurück – Stück für Stück

Auszug aus dem Tagungsband

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