Prof. Knoflacher über den Bieler Westast

Und: „Steht etwas ver­kehrt, ent­steht Ver­kehr.“

Hermann Knoflacher im Interview zu einem schweizer Straßenbauprojekt, dem Bieler Westast … die Aussage ist aber beliebig übertragbar.

Das ganze Interview: https://westast.ch/wordpress/im-lauf-der-zeit/

Der erwähnte Fritz Kobi ist übrigens nächste Woche zu Gast bei unserer Ringvorlesung: Mi, 10.5., 18:00, HS EI8.

(via autofrei leben! e.V.)

Stau ist nicht das Problem, sondern die Lösung

Die Flüssigkeit des Verkehrs, höchstes Ziel der StVO (wenn auch nirgends begründet oder genau definiert), ist ein Problem – nicht nur faktisch (dazu später), sondern auch sprachlich. Die Gleichsetzung des Fließverkehrs mit einer Flüssigkeit hat auf der Mikroebene durchaus ihre Berechtigung. So können z.B. Personen- und Fahrzeugströme um Hindernisse mit Formeln aus der Hydrodynamik beschrieben werden.
Die Erweiterung dieser Analogie auf die Makroebene scheint naheliegend. Ganze Verkehrsmodelle sind auf der Annahme aufgebaut, dass es sich beim Straßennetz um kommunizierende Gefäße handelt, und sich demnach bei Sperre einer Straße der gesamte Verkehr im verbleibenden Straßennetz verteilt. Dass dem nicht so ist, zeigen zahlreiche Untersuchungen, bei denen vorhergesagte Staus nicht eingetreten sind – unter völligem Unverständnis vieler Verkehrsplaner und Politiker. Aber wo liegt der Fehler?

Um bei der Analogie zu bleiben: stellen wir uns vor, unsere Wassermoleküle (Verkehrsteilnehmer) schwimmen gemütlich im Strom. Plötzlich kommen sie in das Staubecken eines Kraftwerks. Und dann passiert gar Wundersames: einige Wassermoleküle fließen tatsächlich über den Überlauf ab (Verkehrsverlagerung), anderen wird das Warten im Staubecken zu mühsam und sie verdampfen (Umstieg auf andere Verkehrsmittel), und wieder andere überlegen sich, dass sie vielleicht doch nicht unbedingt ins Flussdelta wollen und de-materialisieren spontan (Verkehrsvermeidung).

Der klassisch ausgebildete Verkehrsplaner steht dann verständnislos vor der Tatsache, dass sich der Untersuchungsgegenstand (Verkehrsteilnehmer) an die Struktur (Verkehrssystem) anpasst.

Stau ist also eines der effektivsten Mittel zur Verhaltensbeeinflussung der Verkehrsteilnehmer (z.B. zur Verkehrsmittelwahl). Und dass der Rückbau von Straßen nicht einmal zwangsläufig zu Stau führen muss, zeigt sich immer wieder.

Lösen wir uns also vom Irrglauben, dass Verkehrsteilnehmer unbeirrbar einem Ziel entgegenströmen, und nutzen wir die Macht des Staus.

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