FVV-Faktencheck: Autofahrer retten Klima?

Hey, Die Tagespresse, ihr bekommt ernsthafte Konkurrenz vom ÖAMTC.

Quelle: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151229_OTS0009/oeamtc-autofahrer-spuelten-2015-mehr-als-13-mrd-euro-in-die-staatskassen

13 Milliarden Euro spülen die Autofahrer also angeblich in die Staatskassen – und sind damit natürlich die Melkkühe der Nation.

Ist das so?

2015 hat ein Autofahrer also im Schnitt 2.152 EUR an Steuern, Gebühren und Mauten bezahlt, 2000 waren es noch 1.682. Macht einen Anstieg von 28 %, oder? – Nein.

Der Verbraucherpreisindex (VPI) 2000 für das Jahr 2015 beträgt ca. 134; inflationsbereinigt hat ein Autofahrer 2015 also 100 EUR weniger ausgegeben als im Jahr 2000!

Und auch das ist wiederum nur eine Seite der Medaille. Was Automobil-Lobbys wie der ÖAMTC (wie immer) verschweigen, sind die externen Kosten des Autoverkehr – also jene, die die Allgemeinheit zu tragen hat (Kosten durch Lärmemssionen, Luftschadstoffe, Unfälle, etc.). Und die betragen in Österreich (2008) etwa 1.200 EUR – pro Einwohner/-in wohlgemerkt, nicht pro Autobesitzer/-fahrer/-in.

Die Berechnung (nicht die Existenz) von externen Kosten ist teilweise umstritten, die Tendenz ist jedoch klar ersichtlich. Der Kfz-Verkehr kommt nicht für alle Kosten auf, die er verursacht, d.h. jeder im Kfz zurückgelegte Kilometer schädigt die Allgemeinheit.

Asfinag soll über Notwendigkeit von Straßeninfrastruktur entscheiden?!

Ein Unternehmen, das für Planung, Bau, Betrieb und Bemautung des hochrangigen Straßennetzes verantwortlich ist, soll also entscheiden, ob eine neue Straße sinnvoll ist!? Da drängt sich doch der bekannte Spruch auf: „if all you have is a hammer, everything looks like a nail“.

Quelle: https://diepresse.com/home/panorama/wien/4879680/SPOe-Wien_Keine-zweite-Mariahilfer-Strasse

Die Autofahrerclubs lobbyieren massiv und aggressiv für den Lobautunnel: Der ARBÖ beklagt, dass die vier [!] weiteren Donaubrücken für die Autofahrer oftmals keine Alternative darstellen, wenn der Verkehr mal wieder „kolapiert“ [sic], während der ÖAMTC gar schon von der 7. Donauquerung fantasiert.

Die Grünen hatten ja eine Sparvariante in Spiel gebracht (vom der A22 beim Knoten Kaisermühlen über/unter der Donau zur A4 beim Hafen Freudenau), die bisher nicht untersucht worden war und jedenfalls günstiger als der Lobautunnel wäre.

Gebetsmühlenartig wird jedenfalls das Argument wiederholt, dass der Lobautunnel notwendig wäre, um die Tangente zu entlasten und den freien Bürgern endlich wieder eine freie Fahrt zu bescheren. Unterstützt, wie so oft, vom Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der TU (wir erinnern uns fremdschämend), das festgestellt hat, „dass bei Stop-and-Go-Verkehr auf der Autobahn die Emissionen doppelt so hoch sind wie bei flüssigem Verkehr“ – thanks Captain Obvious!

Stau ist aber kein Verkehrsproblem, sondern 1) ein Symptom einer (zu) attraktiven Infrastruktur und 2) eine (sehr wirkungsvolle) gezielte verkehrsplanerische Maßnahme (!) zur Erreichung bestimmter Ziele (Klima, Modal Split, etc.). Jegliche Maßnahme zur Beseitigung von Stau führt unweigerlich zu einer neuerlichen Attraktivierung der Straße, zu neuem Verkehr und (zeitversetzt) zu noch mehr Stau (und noch mehr Emissionen). Das haben übrigens auch Teile des ÖAMTC schon eingesehen, behaupten in vermeintlicher Klientelpolitik aber oft das Gegenteil.

Die Untersuchungen der Strategischen Umweltprüfung „SUPer NOW“ zu den damals geprüften Varianten sind übrigens verfügbar [7,8] und enthalten brisante Details, z.B. dass (zugegebenermaßen im Jahr 2000) nur 6% des donauquerenden Verkehrs (in Wien) auch die Wiener Stadtgrenze überquerte – kurz: 94% waren Binnenverkehr. Und trotzdem wird die Bewältigung des Transitverkehrs ja immer als eines der wichtigsten Ziele der neuen Donauquerung genannt …

Lobau-Tunnel

Habt ihr’s gestern Früh auch gespürt, die „Erschütterung der Macht“?

Da hat der ÖAMTC eingestanden, dass weder Lobau-Tunnel noch andere neue Straßen die Tangente langfristig entlasten können, und dass Öffi-Ausbau und Fahrgemeinschaften die einzige Lösung sind.

P.S. Wer sagt’s dem Rot-Grünen Verhandlungsteam? Die 2 Milliarden wird man wohl besser einsetzen können.

P.P.S. Erhöhtes Leukämie-Risiko bei Kleinkindern wäre so auch zu vermeiden – Stichwort „Stadtstraße“.

FVV-Faktencheck: ÖAMTC-Fail

… um wieder einmal die stupide (und falsche) Argumentation des ÖAMTC auffliegen zu lassen:

„Eine Sperre oder Verengung der der Ringstraße auf eine Fahrspur würde weiträumige Staus und zahleiche Umwegkilometer zur Folge haben, so wie dies leidgeprüfte Autofahrer von zahlreichen Ringsperren her kennen. Für die Umwelt würde ein autofreier Wiener Ring also deutlich negative Auswirkungen haben.“

FALSCH! Straßensperren und -rückbauten von Seoul bis New York zeigen, dass die Staus sogar abnehmen. Die Machbarkeit einer Ringsperre hat auch schon die EURO 2008 in Wien gezeigt.

„Bei einem Querschnitt von 60 Metern werden derzeit nicht einmal 10 Meter für den Fließverkehr verwendet.“

FALSCH! Vom Flächenbedarf des motorisierten Individualverkehrs am Ring kann sich jeder Volksschüler überzeugen: 3 Fahrspuren auf der Hauptfahrbahn + 1-2 Nebenfahrbahnen x ca. 3,25 m … und da sind die bis zu 4 Parkspuren zu je mind. 2 m noch gar nicht berücksichtigt.

„Es kann nicht sein, dass eine Minderheit mit viel Tagesfreizeit der Mehrheit, die zur Arbeit fährt, ihren Willen aufzwingt.“

Wir rechnen nach: knapp 800.000 Erwerbstätige in Wien von ca. 1,7 Mio. Einwohnern sind 47%. Und nur 24% der Arbeitswege werden mit dem Pkw zurückgelegt. Somit fahren 11% der Wienerinnen und Wiener mit dem Pkw zur Arbeit. Wer ist da jetzt die Minderheit?

„[..] bedeuten sie [Anm: die vorgestellten Konzepte zur Zukunft der Wiener Ringstraße] in Wahrheit einen massiven Anschlag auf die Bewegungsfreiheit von tausenden Wienerinnen und Wienern.“

Im Gegenteil: die „Arroganz der Fläche“ der Kfz ist nicht länger zumutbar. Die bis zu 9 Kfz-Spuren (s. Schottenring) bedeuten nämlich einen massiven Anschlag auf die Bewegungsfreiheit der Mehrheit, die nichtmotorisiert unterwegs ist (schön dokumentiert in den beiden Präsentationen).

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