Radfahren gegen die Einbahn

+++ FVV-Faktencheck +++

Die haarsträubende Desinformation der Kronen Zeitung können wir nicht unwidersprochen lassen.

1. Das Bild zeigt keinen Radweg sondern Radfahren gegen die Einbahn (RgE). Dabei wär die Recherche so einfach, z.B. bei der Radlobby Wien.

2. Radfahren gegen die Einbahn ist nicht gefährlich, sondern eine der sichersten Anlagearten für den Radverkehr, die es gibt. Auch das wäre zu recherchieren:

– in Wien gab’s in den Jahren 2012-2015 genau 23.772 Unfälle mit Personenschaden (UPS)
– davon waren 3.868 mit Radbeteiligung (ca. 16,3 %)
– davon wiederum passierten 167 an Stellen, an denen Radfahren gegen die Einbahn erlaubt ist (ca. 4,3 % der UPS mit Radbeteiligung und 0,7 % aller UPS in Wien)
(- aus der Nichteinhaltung der vorgegebenen Fahrtrichtung in Einbahnen resultierten 46 UPS, allerdings nur die Hälfte davon mit Radbeteiligung)
– an Kreuzungen passieren 107 der 167 UPS in geöffneten Einbahnen, im Streckenbereich (wie im Foto abgebildet) die verbleibenden 60 UPS
– von den 60 UPS im Streckenbereich waren bei 27 Pkw beteiligt (8x bei Grundstücks-/Hauseinfahrten, 4x Dooring)
– tatsächliche Frontal- und Streifkollisionen zwischen Pkws und Radfahrern waren weniger als 10 … in 4 Jahren wohlgemerkt

Im gleichen Zeitraum passierten 416 Dooringunfälle mit Radfahrerbeteiligung – jeder 9 Unfall mit Personenschaden und RF-Beteiligung wird durch eine unachtsam geöffnete Autotüre verursacht.
Darüber könnte die Kronen Zeitung berichten.

3. Die Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS) erlauben Radfahren gegen die Einbahn ab 3,0 m, wobei dann auf die Markierung der Mittellinie verzichtet werden sollte.

Prof. Hermann Knoflacher im Interview

„Wirbel“, „tobende Opposition“, „Aufsehen“, „Wut-Verkehrsplaner“ … groß war die Aufregung in den letzten Tagen.

Dabei hatte Prof. Hermann Knoflacher im DER SPIEGEL-Interview nur – pointiert wie immer – die Erfolgsfaktoren der Wiener Verkehrsplanung geschildert (vorgezogene Haltestellenkaps, konsequente Bevorzugung des Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehrs, etc.).

Doch das Entrüstungsmedium Kronenzeitung startete ein beispielloses Bashing mit anfangs stark gekürzten und aus dem Zusammenhang gerissenen Passagen des Original-Interviews, andere folgten (teils) unaufgeregter.

Wie so oft werden Aussagen im Print leider stark verkürzt. Besser lässt sich das Thema deshalb im Gespräch erörtern – besonders ausführlich bei „Fellner! Live“ auf oe24.at, in abgespeckter Version in der „ZiB24“ und in „24 Stunden Wien“ auf W24 – Das Stadtfernsehen.

„So what“, denkt sich Walter Gröbchen in seiner Kolumne „Umparken im Kopf“ in der Wiener Zeitung. Es brauche solche provokant visionären „Narren“, um Dogmen in Frage zu stellen.

Und die SPÖ in der Person von Gerhard Kubik hat nichts besseres zu tun, als sich von den Maßnahmen, die Wien zu einer internationalen Vorzeigestadt gemacht haben, zu distanzieren [12].
Relevante Modal Split-Änderungen funktionieren nun mal nur durch Push- (Deattraktivierung des Kfz-Verkehrs) UND Pull-Maßnahmen (Attraktivierung der Alternativen). Umso skurriler der Hinweis der SPÖ auf die Notwendigkeit des Lobautunnels (eine weitere Pull-Maßnahme zugunsten des Kfz-Verkehrs)

Raumplanung in Niederösterreich

Umfassender, gut recherchierter ORF.at News-Artikel zur Raumplanung in Niederösterreich.
Über hausgemachte Verkehrsprobleme, Pendlerpauschale als Zersiedelungsförderung, sich selbst bestärkende Entscheidungsgremien, „Gefälligkeitsdemokratie“, „Verschandelungstendenzen“ und mögliche Wege aus dem Dilemma.

Mit Bonmots von Reinhard Seiß (Stadtplaner), Gerlind Weber (Raumordnungsexpertin BOKU), Elisabeth Gruber (Raumordnungsexpertin Uni Wien) und Harald Frey (Forschungsbereich für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik), und einer löblichen Erwähnung von Gemeindenews Ober-Grafendorf.

Reisezeitkonstanz im System

Zusammengefasst: sämtliche Autobahn- und Schnellstraßen(aus)bauten der letzten 20 Jahre haben ausschließlich zu einer Verlängerung der Reisedistanzen geführt. Die Reisezeiteinsparung, mit der diese Infrastrukturbauten argumentiert wurden, ist nicht eingetreten. (Was in der Wissenschaft längst als „Reisezeitkonstanz im System“ bekannt ist, hat die Politik nicht an Milliardenausgaben hindern können.)

Hier geht’s zur 7-teiligen Serie der bmvit INFOTHEK (Teil 1), die sich mit weiteren Erkenntnissen aus „Österreich unterwegs“, der österreichweiten Mobilitätserhebung 2013/14 befasst (Teil 2).

Petition für temporäre autofreie Zonen vor Schulen

Gerade ist die „Petition für temporäre autofreie Zonen vor Schulen“ von Geht doch Wien angelaufen. Die ersten, zaghaften Versuche in Wien und Salzburg sind viel zu wenig.

Bezeichnend ist, dass der Druck dafür aus der Bevölkerung kommen muss, obwohl die Maßnahme längst z.B. im Fachkonzept Mobilität und in einschlägigen Normen (RVS 03.04.13 „Kinderfreundliche Mobilität“ und RVS 03.04.14 „Gestaltung des Schulumfeldes“) festgehalten ist.

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