Parkpickerl-Gipfel in Wien

Quelle: urban

Heute fand auf Initiative der grünen Verkehrsstadträtin Birgit Hebein der „Parkpickerl-Gipfel“ (genauer: „Gespräch zu zukünftigem Verkehrs- inklusive Parkraumkonzept für Wien“) in Wien statt (DerStandard, ORF). Eingeladen waren Vertreter aller Parteien, aus den Bezirken, Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer. (Der ÖAMTC wäre auch gern dabei gewesen.) Über die Ergebnisse ist noch wenig bekannt, außer, dass Einigkeit über den Handlungsbedarf bestehe.

Zur Ausgangslage: die Stadt Wien hat sich in der Smart City Rahmenstrategie u.a. zum Ziel gesetzt

  • den Endenergieverbrauch pro Kopf im Verkehr um 40 % bis 2030 und um 70 % bis 2050 zu senken (bezogen auf 2005)
  • die CO2-Emissionen des Verkehrssektors pro Kopf um 50 % bis 2030 und um 100 % bis 2050 zu senken
  • der Anteil der in Wien im erweiterten Umweltverbund zurückgelegten Wege bis 2030 auf 85 % und auf deutlich über 85 % bis 2050 zu steigern (also den MIV-Anteil auf 15 % zu senken)
  • den Motorisierungsgrad bis 2030 bei privaten Pkw auf 250 pro 1.000 Einwohner zu senken

D.h. es braucht rasch wirksame Push- und Pullmaßnahmen, um diese Ziele zu erreichen.

Die Wirkungen der derzeitigen Regelung sind bekannt und gut dokumentiert:

  • die Parkplatzauslastung im Parkpickerlgebiet sinkt (= die Stellplatzverfügbarkeit steigt)
  • damit sinkt die Parkplatzsuchzeit
  • v.a. in den Parkpickerlbereichen leeren sich die Garagen, weil das Parkpickerl nur ca. 1/10 kostet
  • in den Randbereichen kommt es zu Verdrängungseffekten in nicht bewirtschaftete Gebiete
  • der Zonenbinnenverkehr nimmt mit steigender Zonengröße zu
  • ein beträchtlicher Anteil der EinpendlerInnen wechselt auf den öffentlichen Verkehr
  • die fehlende preisliche Staffelung der Kurzparkzonentarife nach Zentrumsnähe fördert Fahrten ins Zentrum

Damit sind aber auch die Verbesserungspotenziale klar:

  • flächendeckende Regelung für ganz Wien
  • kleinere (individuelle) Zonen (z.B. 300 m Radius um den Wohnort)
  • keine Ausnahmen für Zielorte (und schon gar nicht für Schulen, etc.)
  • preisliche Staffelung nach Zentralität bzw. rund um ÖV-Knotenpunkte
  • vermehrter Einsatz von Multifunktionsstreifen (Ladezonen tags, Stellplätze nachts)

Nicht zu vergessen: die Parkraumbewirtschaftung ist ein Mittel zum Zweck. Und der Zweck ist die Rückgewinnung des öffentlichen Raums und damit die Steigerung der Lebensqualität. Langfristiges Ziel muss also die Eliminierung der innerstädtischen Oberflächenparkplätze sein. Davon profitieren Fußgehende, Radfahrende und die Öffis.

Mit der Umnutzungs des öffentlichen Raums wird Platz frei für sichere und attraktive Fuß- und Radinfrastruktur, für ÖV-Beschleunigung (Busspuren, getrennter Gleiskörper) und für den Wirtschaftsverkehr (Ladezonen).

Die Pull-Maßnahmen beinhalten einen Ausbau der Öffis (Taktverdichtung, neue Straßenbahnlinien), v.a. in den peripheren Bezirken Wien und über die Stadtgrenzen hinaus, die Errichtung von Park&Ride-Anlagen entlang der ÖV-Achsen ins Umland, um die Pendler bereits möglichst nahe am Ausgangsort abzufangen, Investitionen in baulich getrennte Radwege entlang der Hauptstraßen (gerne auch als „proctected bikelanes“), fußverkehrsfreundliche Ampelschaltungen

Und die kommende Bundesregierung hilft hoffentlich noch kräftig mit durch die Abschaffung der kontraproduktiven Förderungen des Autoverkehrs (Dieselvergünstigung, Pendlerpauschale, etc.).

Im übrigen sind wir der Meinung (besser gesagt: haben durch eine Studie nachgewiesen), dass der Lobautunnel den Kfz-Verkehr massiv fördern würde und dementsprechend abzulehnen ist! Eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung in Wien inkl. ÖV-Ausbau würde die Tangente mehr entlasten als der Lobautunnel (dieser nämlich gar nicht!).

Heute ist PARKing Day!

Wer hat sich schon mal gewundert, wieso das hemmungslose, meist kostengünstige Abstellen motorisierten Individualeigentums – kurz Auto – eigentlich „Parken“ heißt? „The Etymology of Parking“ von Michele Richmond bringt Licht ins Dunkel.

Und um genau den ursprünglichen Begriff geht’s heute am internationalen PARKing Day.

Im Rahmen der Mobilitätswoche werden viele Parklets bespielt: die Grätzloase hat alle Veranstaltungen zusammengetragen. Hier eine Dokumentation schöner Aktionen aus der Schweiz.

FVV-Faktencheck: Radabstellanlagen

Es gibt doch nichts, aus dem die „Krone“ nicht einen Angriff auf die „leidgeplagten Autofahrer“ konstruieren würde. 1800 der raren Wiener Parkplätze könnten Fahrradständern weichen – laut der „nicht mehr ganz taufrischen Studie“ aus dem Jahr 2013!!!

Ausschnitt: Krone vom 21. Juni 2017

Fakt ist:

– Die Studie wurde 2013 von uns (Forschungsbereich für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik) für die Wiener Umweltanwaltschaft erstellt. Die damals errechneten Werte wurden von der Radlobby Wien bis 2016 fortgeschrieben und für 2020 hochgerechnet. Die Werte sind also nicht „kurios“, sondern überaus aktuell.

– Weder Radlobby noch wir haben erwähnt, dass die Radabstellanlagen auf Kosten von Kfz-Stellplätzen errichtet werden sollen! Oft ist es völlig ausreichend, die Radständer in der 5 m-Zone vor Kreuzungen aufzustellen, in der Kfz ohnehin nicht parken dürfen. Somit erhöhen Radständer die Sicherheit an Kreuzungen durch Verbesserung der Sichtbeziehungen.
– Selbst wenn Radabstellanlagen auf Kfz-Stellplätzen errichtet werden: alleine in den Innenbezirken (1-9, 20) gibt es ca. 120.000 Kfz-Parkplätze im öffentlichen Raum. Dem Rückgang von 1,5 % Kfz-Stellplätzen (1.800 von 120.000) stünde ein Zuwachs von 37,5 % Radabstellplätzen (18.000 von 48.000) gegenüber.

Veränderung des Kfz-Bestands in den Innenbezirken seit 2002; Datenquelle: Statistik Austria; Darstellung: Ulrich Leth

– Der Kfz-Bestand in den Bezirken 1-9 und 20 ist seit Jahren rückläufig. Ende 2016 waren in diesen Bezirken um 3.300 Kfz weniger zugelassen als Ende 2014 (das sind übrigens 16.500 Laufmeter Längsparkspur, die umgenutzt werden könnten/sollen)!

– (und wenigstens das hat die „Krone“ richtig wiedergegeben: ) „Rund zehn Fahrräder passen auf einen Parkplatz …“

Radwege als Parkplätze

Der Moment … wenn du in einem Satz deine völlige Systemunkenntnis offenbarst * und Jahre der (ohnehin halbherzigen) Positionierung als „Mobilitäts“club zunichte machst.

* Radverkehrsplanung im speziellen, aber Verkehrsplanung im Allgemeinen ist Angebotsplanung. Wo nicht die Möglichkeit besteht, objektiv und subjektiv sicher und attraktiv Rad zu fahren, wird auch niemand Radfahren. Dass Radfahren im Winter längst nichts Außergewöhnliches mehr ist, zeigen internationale Vorreiter.

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